… im Verstehen oder Nicht-Verstehen meines inneren wie auch äußeren Raumes ist mir jegliche Pionierleistung gerade mal gut genug, um aus ihr schöpferisch tätig zu sein. Das Holz, nehmen wir z.B. einen Stamm, ist für mich die Landkarte oder der Lebenslauf eines Baumes, der einmal in der Welt gelebt hat. Wie dieser Baum gewachsen ist, aus welcher Erde, mit welchen Lichtverhältnissen, in welcher Temperatur und Luftfeuchtigkeit zeigt sich in der Holzbeschaffenheit wieder. Es ist für mich die Kreatur oder das Wesen des Objekts, das sich in der Maserung, dem Aufbau, der Dichte des Holzes zeigt, hinzu kommen Astbildungen und „Verkrüppelungen“.
Ich versuche sozusagen die Lebensgeschichte des Baumes zu verstehen und zu empfinden, die sich in der Materie äußert. Nachdem ich diesen Prozess vollzogen habe, beginne ich am Objekt zu arbeiten mit der Absicht, das Einzigartige diese Baumes herauszuarbeiten oder mein Traumbild in den Werkstoff einzuarbeiten.
Sehr interessant ist auch der architektonische Aspekt, welche formen statischen Spannungen ein Baum bewältigt, was wissenschaftlich ja auch schon reichlich untersucht und kopiert wird (z.B. Autobau). Diese energetische Leistung ist auch noch in der Struktur des gefällten oder entwurzelten Stammes sichtbar – eine verlockende Quelle um damit zu arbeiten.
Diese Analyse vollzieht sich nicht technisch sondern intuitiv. Nachdem ich also das Wesen des Baumes begriffen habe, gibt das auch die Handlungsanleitung: wo hebe ich heraus, wo schleife ich eine Struktur, wo lasse ich was stehen, wo wird über Politur sichtbar gemacht, wo bleibt das Holz naturbelassen.
Der Prozeß am Objekt dauert oft Wochen bis Monate, da von vornherein keine zielgerichtete Absicht besteht, im Sinne von bei A beginnen und bei B aufhören; es sit vielmehr wie ein Abenteuer mit immer wieder neuen Weiterleitungen, bis sich irgendwann das Gefühl einstellt, am Ende der Reise mit diesem Stück angelangt zu sein.